Weshalb haben Schwangere einen erhöhten Eisenbedarf?

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Eisenmangel gehört während der Schwangerschaft zu den häufigsten Nebenwirkungen. Im Interview mit Eveline Pigeat-Stamm spricht der Gynäkologe Prof. Dr. med. Christian Breymann über die Ursachen und deren Folgen.

Warum ist Eisen so wichtig für Schwangere?

Prof. Dr. Christian Breymann: Für die Bildung von roten Blutkörperchen (Hämoglobin) und die Blutneubildung in der Schwangerschaft braucht es Eisen. Hämoglobin ist wiederum für den Sauerstofftransport verantwortlich. Das Gesamtblutvolumen nimmt in dieser Zeit um mehr als einen Liter zu, also um fast die Hälfte. Wenn nun zu wenige rote Blutkörperchen produziert werden, kann es zu einer Blutarmut (Anämie) kommen. Die häufigste Ursache für Blutarmut in der Schwangerschaft ist Eisenmangel, der vor oder während der Schwangerschaft entstehen kann, wenn der Eisenspeicher reduziert ist.

Wer ist von Blutarmut betroffen?

Prof. Dr. Christian Breymann: Blutarmut in der Schwangerschaft und im Wochenbett gehören zu den häufigsten Risikofaktoren. Gemäss WHO-Daten sind weltweit, je nach geographischer Lage, schätzungsweise 30-50% der Schwangeren von Blutarmut betroffen. In unseren Breitengraden weisen etwa 10% der Schwangeren mittelschwere bis schwere Anämien auf.

Wie wird ein Eisenmangel diagnostiziert?

Prof. Dr. Christian Breymann: Obwohl im klinischen Alltag die Hämoglobinkonzentration meist den ersten Hinweis auf einen Eisenmangel gibt, ist zu beachten, dass dieser zumeist nur in der Endphase des Eisenmangels signifikante Veränderungen zeigt. Insbesondere zur Früherfassung von Eisenmangelzuständen und damit zur Prävention der Eisenmangelanämie sollten bei Verdacht spezifischere und sensitivere Tests, wie der Ferritintest, angewendet werden.

Was können die Folgen einer Anämie sein für die Mutter und das Baby?

Prof. Dr. Christian Breymann: Die Mutter kann unter Kopfschmerzen leiden, die Milchbildung kann sich reduzieren, die physische und mentale Leistung kann sich vermindern, der sogenannte Baby-Blues im Wochenbett kann verstärkt auftreten, die Infektrate kann erhöht sein oder die Wundheilung kann sich verzögern. Der hohe Eisenbedarf während der Schwangerschaft wird durch die manchmal hohen Blutverluste im Wochenbett verstärkt. Daneben verliert die Mutter Eisen über die Muttermilch, sodass prinzipiell auch die Wochenbettphase hinsichtlich des Eisenbedarfs als kritisch zu betrachten ist und die Eisenreserven oft nicht ausreichen.

Was können Frauen gegen einen Eisenmangel unternehmen?

Prof. Dr. Christian Breymann: Grundsätzlich Nahrungsmittel wählen, die viel Eisen enthalten, wie z.B. Fleisch, Eigelb, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und Gemüse. Als Unterstützung haben wir kürzlich eine Handyapplikation entwickelt: «MyIronfriend». Aber die Auswahl der richtigen Nahrungsmittel alleine reicht nicht aus. Zusätzlich empfiehlt die WHO Eisenpräparate als Prophylaxe einzunehmen. In verschiedenen Situationen kann ein Wechsel auf ein intravenöses Eisenpräparat von Vorteil sein.

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